Gebet
Als Bruder Bruno eines Nachts betete, fühlte er sich durch das Quaken eines Ochsenfrosches gestört. Er versuchte, es nicht zu beachten, doch umsonst. Wütend schrie er aus den Fenster: „Ruhe, ich bete gerade.“
Bruder Bruno war ein Heiliger und so wurde sein Befehl sofort befolgt. Alle Kreatur verstummte, damit eine dem Gebet dienliche Stille einkehren konnte.
Aber nun drängte sich ein anderer Laut in Brunos Gebete – eine innere Stimme, die ihm sagte: „Vielleicht gefällt Gott das Quaken dieses Frosches genauso wie der Gesang deiner Psalmen?“
„Was kann Gott am Quaken eines Frosches gefallen?“, erwiderte Bruder Bruno spöttisch.
Doch die Stimme gab nicht auf. „Warum glaubst du, hat Gott diesen Laut erschaffen?“
Bruno beschloss, eben dies herauszufinden.
Er beugte sich aus dem Fenster und befahl: „Sing!“ Das bedächtige Gequake des Frosches erfüllte die Luft und wurde von allen Fröschen der Nachbarschaft vielstimmig aufgenommen. Und als Bruder Bruno die Laute auf sich wirken ließ, klangen die Stimmen, da er sich nicht länger gegen sie sträubte, durchaus nicht mehr schrill, sondern verschönerten tatsächlich die nächtliche Stille.
Diese Entdeckung brachte Bruder Brunos Herz in Einklang mit dem Universum und er verstand zum ersten Mal in seinem Leben, was beten heißt.